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Böller, Schweiß und Freude pur

Mein Netbook hat leider kurzfrisitig schlapp gemacht, so konnte ich noch gar nicht von meinen Erlebnissen der indischen Feierfreude berichten, was ich hiermit nachholen möchte. Ganesh Chaturthi, ein hinduistischer Feiertag, wird zehn Tage lang gefeiert und am größten hier in Mumbai. Dieser Tag wird auf ewig unvergessen bleiben. India at its best!

Mumbai extrem

Am 9.9. ging es los: Feuerwerk, Böller und ohrenbetäubende Musik haben mir den Schlaf einiger Nächte geraubt und der Weg zur Arbeit wurde Tag für Tag länger. Für die 8 km brauche ich sonst 20 – 30 Minuten, letzte Woche waren es dann 75 Minuten. Die Straßen sind komplett verstopft (noch mehr als sonst), überall gibt es Stände (noch mehr als sonst), die Leute laufen kreuz und quer (noch mehr als sonst). Auf den Straßen wird abends getanzt, Böller gezündet und Musik aus Boxen, die dreimal so groß sind wie ich, schrebbelt kilometerweit. Überall hängen Lichterketten – amerikanische Weihnachten der Superlative quasi. Und zwischendurch dann noch jede Menge Werbung und die Fratzen von Politikern, die den Event als politische Bühne nutzen.

Mumbai
Alle wollen die Ganeshas sehen: An der Route bleibt kein Platz mehr frei!

Ganesha, der Elefantengott

Worum geht es eigentlich? Das Fest wird zu Ehren Ganeshas ausgerichtet, das ist der Gott, der den Kopf eines Elefanten hat und auf einer Maus reitet. Er bringt Glück und Erfolg und ist einer der bedeutendsten der 300.000 (!) Götter, die die Hindus verehren. Ihm zu Ehren wird am ersten Tag eine Ganeshafigur aufgestellt. Jeder Stadtteil hat eine, jede größere Straße, teilweise sogar Wohnhäuser und Unternehmen oder in der Familie.

Die Menschen pilgern zu ihrem Ganesha, der meistens in einem Pavillon aufgebaut wird, eine Art temporärer Tempel. Sie beten zu ihm, spenden Gold und Geld. Um einen der prominentesten Ganeshas die Ehre zu erweisen, stehen die Menschen bis zu 20 (!!!) Stunden an, bei kleineren kommt man aber sofort dran.

Während der Feiertage besucht man die Familie, verteilt besondere Süßigkeiten und Blumenketten. Am zehnten Tag wird der Ganesha ins Meer getaucht und die Feierlichkeiten sind vorbei. (Allerdings muss das nicht erst am zehnten Tag passieren, man kann dies auch am ersten, dritten, fünften oder siebten Tag tun – je länger das Fest andauert, desto teurer wird es für die Familien, deshalb beenden einige das Spektakel schon früher.)

Dass es sich bei dem Eintauchen um riesige Umweltsünde handelt, versteht sich von selbst. Tausende Plastik-Ganeshas mit giftigen Farben schwimmen dann an der Küste rum. Vom Müll der Feiermeute ganz zu schweigen. Aber Tradition ist halt Tradition.

Mumbai
Einer der riesigen Ganeshas auf einem Wagen.

Feiern der Superlative

Am letzten Mittwoch war dieser zehnte Tag und ich mittendrin. In einer Parade werden die ganz großen Ganeshafiguren auf einem Wagen durch die Straßen bis zum Meer gezogen. Begleitet von einem Wagen aus dem Musik hämmert. Die Menschen tanzen ausgelassen, zünden mal wieder Böller, schmeißen mit Farbpuder (das ja auch in Deutschland gerade für Holi-Fakes „missbraucht“ wird).

Die Routen sind gesäumt von Menschenmassen, so was hab ich noch nie gesehen. Der Rosenmontagszug in der Kölner Severinstraße ist ein Witz dagegen. Inmitten dieser ausgelassenen Meute fiel ich trotzdem ganz schön auf, denn hier nach Parel, dem Stadtteil in dem ich wohne, verirren sich keine weißen Touristen. Dementsprechend war ich mal wieder sehr beliebt, wurde fotografiert (gefragt und ungefragt), permanent angesprochen (sehr freundlich und interessiert, wenn auch immer dasselbe: Where from? Enjoying? Where is your husband? Where is your child?) und zum Tanzen mit den Mädchen eingeladen (Frauen und Männer tanzen getrennt in zwei Gruppen). Kurzum: Ich hatte einen mega Spaß!

Mumbai
Hier geht´s im wahrsten Sinne des Wortes drunter und drüber…
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Meine „Fans“ – die Mädels wollten mit mir tanzen.
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Hier sind vor allem Frauen, die tanzen und die Parade begleiten.
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Alle wollen fotografiert werden – mache ich gern :-).
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Büffel ziehen stoisch die Wagen mit den laut hämmernden Musikboxen.

Glückselig

Nach drei Stunden bin ich wieder nach Hause, verschwitzt und dreckig, aber sehr glücklich. Die Eintauch-Zeremonie am Meer habe ich mir nicht mehr angesehen, zu kaputt war ich. Außerdem ist fraglich gewesen, ob ich von dort wieder nach Hause gekommen wäre (viele Straßen sind gesperrt und es ist einfach zu voll).

Negativ war an dem Tag nur, dass mir meine Handtasche von unten aufgeschnitten wurde (aber der Dieb hatte keine Chance gegen mehrere Schichten Lowepro-Qualität, es konnte nichts herausfallen) und dass am Ende in einer sehr gedrängten Menschenmasse einige Männer meinten, dies ausnutzen zu können um mich aufs übelste zu begrapschen – ich habe sie ordentlich angeschrien und sofort waren alle Hände wieder da, wo sie sein sollten (damit rechnen die nicht – dass eine Frau sich so lautstark wehrt).

Trotzdem war es ein wunderbarer Tag, ein Erlebnis, dass nur den Wenigsten zu Teil wird, denn Ganesh Chaturthi wird nur in Mumbai so groß und bunt gefeiert und gerade in Parel ist es kein Touristenevent, sondern pure indische Feierfreude.

Mumbai
Farbpulver wird hier ständig verwendet – nicht nur an Holi!
Mumbai
Hallo da oben! Noch mehr Leute, deren Aufmerksamkeit ich errege.

Ein Gedanke zu „Böller, Schweiß und Freude pur“

  1. Liebe Janina,

    das sind ganz fabelhafte Bilder, an denen du uns im fernen Deutschland teilhaben lässt. Ich freue mich auf weitere Eindrücke deiner Abenteuer!

    Liebe Grüße von Berlin nach Mumbai sendet dir:
    Laura

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