Ehsan war noch keine 24 Stunden hier und fragte mich, wo auf unserer Reise denn ganz abgelegene Orte wären, wo es einfach nur ruhig wäre :-). Auf Ashwithas Nachfrage am ersten Abend, wie ihm die Stadt gefalle, sagte er nur nüchtern: „It´s a crazy town“. Heute aber, nach drei Tagen Hektik, kommt er schon ganz gut klar in Maximum City und ist ziemlich fasziniert von all den Verrücktheiten hier.
Sightseeing
Da ich mich ja mittlerweile gut auskenne und weiß wie der Hase läuft, spiele ich die Stadtführerin und jage ihn durch alle möglichen Viertel. Ich kenne ein paar gute Restaurants, leckeres Street Food und weiß, wann ein Taxifahrer mich bescheissen will (was ich mir nicht gefallen lasse!).
Victoria Terminus
Wir waren unter anderem am Chhatrapati Shivaji Terminus (oder einfacher: Victoria Terminus). Der Victoria Terminus ist einer der größten Bahnhöfe der Welt und sieht von außen eher aus wie ein herrschaftliches Schloss. Innen offenbaren sich einem dann aber mal wieder Menschenmassen, Uringeruch und Leute, die aus einfahrenden Zügen springen oder direkt aus dem Fenster klettern. Hier sterben angeblick zehn bis zwölf Menschen täglich, meistens weil sie von Zügen erfasst werden. Das liegt aber nicht nur an der Hektik, sondern auch daran, dass der Bahnhof Wohnraum von tausenden Menschen ist, die irgendwo auf Dächern und zwischen Gleisen schlafen. Das klingt jetzt erstmal ziemlich krass, aber ich bin bisher gut klargekommen. Auf solche Anblicke muss man sich einfach mental etwas vorbereiten, sonst ist der Kulturschock vorprogrammiert.
Das Fahren mit den Vorortzügen kann eigentlich sogar total entspannt sein, nur zu den Stoßzeiten quellen die Leute aus den Zügen und das ein- und aussteigen wird zu einem kleinen Abenteuer.
Haji Ali und Dhobi Ghat
Ich habe Ehsan außerdem zu Haji Ali geführt, der Moschee, die nur bei Ebbe erreichbar ist, weil sie auf dem Meer gebaut ist. Bei Flut ist der Weg dorthin überspült. Von dort aus sind wir nach Mahalaxmi zu Dhobi Ghat gelaufen. Dhobi Ghat ist eine riesige Freiluftwäscherei, wo tagtäglich große Mengen Wäsche per Hand gewaschen wird. Wer jetzt denkt, das hier die einfachen Leuten ihre Wäsche hingeben, der irrt. In Dhobi Ghat wird auch für viele große Hotels gewaschen.
Trubel und Kuhfladen
In den Stadtteilen Fort und Colaba sind wir über die Shoppingmeilen flaniert und durch Bhuleshwar gelaufen, ein Viertel, dass so vollgestopft ist mit Menschen, dass selbst ich nach zwei Monaten Mumbai noch überrascht war. Die Straßen waren mit tausenden Ständen gesäumt. Vom aufblasbaren Nackenkissen bis zu Babyspielzeug gibt es hier scheinbar alles. Und mittendrin laufen dann noch Kühe, vor denen man sich etwas in Acht nehmen muss, denn Kuhfladen können weit spritzen. Also besser nicht hinter ihnen laufen! 🙂
Brumm Brumm Brumm und auf dem Boden liegen
Wir waren außerdem im „stylishen“ Viertel Bandra, wo ich Ehsan vom Spaß des Rikshaw fahrens überzeugen konnte. Die kleinen Knatterdinger fahren erst ab hier gen Norden, im Süden sind sie leider verboten (was aber auch Sinn macht – noch mehr Verkehr geht einfach nicht!). Bandra ist Mumbais Expatviertel, was man nur daran merkt, dass sich hier einige Restaurants und Bars aneinanderreihen, die ziemlich westlich sind. Auf dem Markt ist das Feeling dann aber doch wieder indisch: eng, heiß, bunt.
Richtig entspannen von dem ganzen Geknatter und dem Trubel kann man im tollen Café The Yoga House, wo man nur barfuß laufen darf und auf dem Boden liegen kann. Der würzige Chai wird hier im Tonbecher serviert und das Essen ist Bio. Ich bin hier schon einige Male hingeflüchtet und Ehsans hat´s auch richtig gut gefallen.
Im Yoga Café
Begegnung mit Hitler
Die Hakenkreuze, die hier jedes Tor, viele Fahrzeuge und Häuser schmücken, haben mir ja anfangs immer einen kurzen Stoß versetzt, selbst wenn sie bunt sind und ich natürlich wusste, dass die Nazis sich an den Swastika („Glücksbringer“) bedient und für ihre Zwecke verwendet haben. Hitler begegnet mir hier jedoch trotzdem regelmäßig.
Zum einen in Gesprächen mit Indern, die von mir wissen wollen, wie in Deutschland Geschichte unterrichtet wird und wie mein Standpunkt zur braunen Vergangenheit meines Landes ist – diese Gespräche sind immer super interessant. Ich erfahre hier im Allgemeinen mindestens genauso viel über mich selbst wie über die indische Kultur.
Zum anderen waren wir am Samstagabend in Theater, einem Solostück mit dem Namen „Adolf“. Das Stück war keine Meisterleistung, aber es war nicht schlecht gemacht und hat Fragen aufgeworfen, mit welchen Methoden die Politik hierzulande vorgeht (was wir aber erst richtig verstanden haben, nachdem Ashwitha uns die Hintergründe zur aktuellen Lage erläutert hat).
Wir haben hier also schon einiges gesehen und es gibt noch viel mehr! Zwei Tage bleiben mir noch, um Ehsan die schönsten und interessantesten Plätze zu zeigen bevor es dann für uns weiter geht. Und sicherlich entdecke ich mit ihm noch Orte, die auch noch nicht kenne.
hallo liebe janina,
es ist schön, deine beiträge zulesen.
ich erlebe jedes mal selbst auch ein wenig indien, aufregung sowie reisefieber und
ihr seid nicht ganz so weit weg.
habt eine gute reise.
liebe grüße
mariam
Hei, das hört sich ja gut an. Wieder super geschrieben.
Wir freuen uns mit Euch, dass Ihr soviel Interessantes erleben könnt.
Ehsan hat es wohl (im Yoga-Restaurant) umgeworfen?
Macht weiter so und viel Glück.
h+m